Neue Rechtslage
Die Abschreibung eines Gebäudes beträgt je nach Baujahr i.d.R. 2% oder 2,5%, basierend auf einer typisierten Nutzungsdauer von 50 bzw. 40 Jahren. Nach § 7 Abs. 4 S. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) kann jedoch eine höhere Abschreibung geltend gemacht werden, wenn nachgewiesen wird, dass die tatsächliche Nutzungsdauer des Gebäudes kürzer ist als die gesetzlich festgelegte.
Zur Nachweisführung einer kürzeren Nutzungsdauer ist kein aufwendiges und teures Bausubstanzgutachten erforderlich. Bereits 1971 stellte der BFH (Urteil vom 28.09.1971 – VIII R 73/68) klar, dass eine absolute Sicherheit bei der Ermittlung der tatsächlichen Restnutzungsdauer nicht möglich ist und nur eine „größtmögliche Wahrscheinlichkeit“ gefordert wird.
In seinem Urteil vom 28.07.2021 (Az. IX R 25/19) entschied der BFH jedoch, dass die tatsächliche Restnutzungsdauer einer vermieteten Immobilie auch durch einfachere und kostengünstigere Methoden nachgewiesen werden kann. Das Gericht erklärte, dass die Vorlage eines Bausubstanzgutachtens nicht zwingend erforderlich ist. Ein Gutachten mit typisierenden Merkmalen genügt als Nachweis für eine kürzere Restnutzungsdauer.
Das Finanzgericht Köln stellte in einem Urteil vom 23.03.2022 (Az. 6 K 293/20) klar, dass der Nachweis die wesentlichen Faktoren wie technischen Verschleiß, wirtschaftliche Verwertung oder rechtliche Nutzungsbeschränkungen berücksichtigen muss. Ähnlich entschied das Finanzgericht Münster am 27.01.2022 (Az. 1 K 1741/18 E).
Im BMF-Schreiben vom 22.02.2023 wurden die relevanten Urteile für die Finanzverwaltung konkretisiert. Demnach müssen Gutachten künftig von einem nach DIN EN ISO/IEC 17024 zertifizierten Sachverständigen für die Wertermittlung von Grundstücken erstellt werden. Das Gutachten darf nicht lediglich aus einem Verkehrswertgutachten übernommen werden, sondern muss ausdrücklich darauf abzielen, die tatsächliche Restnutzungsdauer des Objektes nachzuweisen.